Bereits seit Jahren bereitet die Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Gebäudeversicherer durch einen einzelnen Sondereigentümer größte Schwierigkeiten, wenn die WEG bzw. der Hausverwalter die Mitwirkung verweigert.
Das LG Ingolstadt hat erneut bestätigt, dass sich ohne die Mitwirkung der Gemeinschaft die Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Gebäudeversicherer als äußerst schwierig gestaltet.
1. Einleitung: Die Parteien
Zum Verständnis des Urteils ist zunächst erforderlich, zwischen dem Versicherer, dem Versicherungsnehmer und einem (dritten) Versicherten zu unterscheiden.
Der Versicherer ist die Gebäudeversicherung, bei der die Versicherung abgeschlossen wurde.
Versicherungsnehmer ist der Vertragspartner dieser Gebäudeversicherung. Wer Versicherungsnehmer ist, ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag und insbesondere dem Versicherungsschein – bei einem Mehrparteienhaus ist dies meistens die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
Es ist an dieser Stelle wichtig zu verstehen, dass nur die Gemeinschaft als Versicherungsnehmer Vertragspartner ist und deshalb Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen kann.
Ein Sondereigentümer ist kein Versicherungsnehmer, sondern allenfalls Versicherter. Als Versicherter wird man zwar durch den Versicherungsvertrag begünstigt, d.h. Versicherungsleistungen sind am Ende an die versicherten Personen auszuzahlen. Dies begründet jedoch keinerlei Ansprüche des Sondereigentümers gegen die Versicherung, sondern nur im Innenverhältnis zwischen der Gemeinschaft und dem Sondereigentümer. Mit anderen Worten: sobald die Gemeinschaft die Versicherungsleistung erhalten hat, kann der Sondereigentümer die Auszahlung dieser Leistung von der Gemeinschaft, und nur von dieser, verlangen.
2. Der Schadensfall
Kommt es nun zu einem Schaden am Gebäude, ist die Gemeinschaft, vertreten durch die Hausverwaltung, grundsätzlich verpflichtet, Ansprüche gegen die Versicherung zu prüfen und geltend zu machen, unabhängig davon, ob Sonder- oder Gemeinschaftseigentum beschädigt wurde. Das umfasst neben der Meldung des Schadens und Bezifferung der Ansprüche auch die anwaltliche Durchsetzung der Ansprüche, sollte eine Regulierung von dem Versicherer (teilweise) abgelehnt werden.
Der Eigentümer, dessen Sondereigentum betroffen ist, muss sich in diesem Fall an den Hausverwalter wenden, damit dieser die Regulierung mit der Versicherung durchführt.
3. Das Urteil des LG Ingolstadt
Mit Urteil vom 14.02.2023, Az. 21 O 3045/21 wurde der vorgenannte Grundsatz erneut bestätigt.
Nachdem ein Wasserschaden eingetreten war, trat der Sondereigentümer zunächst an den Hausverwalter und die Gemeinschaft heran und forderte diese auf, die Ansprüche gegenüber der Gebäudeversicherung geltend zu machen. Die Gemeinschaft blieb jedoch untätig, sodass der Eigentümer selbst eine Klage gegen die Gebäudeversicherung einreichte.
Das Landgericht stellte fest, dass der Eigentümer nicht prozessführungsbefugt ist und wies die Klage ab. Die Besonderheit des vorliegenden Falls war, dass im Versicherungsschein auch nicht die Gemeinschaft, sondern die Hausverwaltung selbst als Versicherungsnehmer eingetragen war. In der Literatur ist die Eintragung der Hausverwaltung als Versicherungsnehmer heftig kritisiert worden mit dem Verweis auf damit einhergehende Probleme: der Verwalter ist Vertragspartner der Gebäudeversicherung, d.h. er ist auch Schuldner der Versicherungsprämien, zudem ist nicht geklärt, was mit dem Versicherungsvertrag passiert, wenn ein Verwalterwechsel erfolgt - vielmehr ist davon auszugehen, dass der (alte) Verwalter den Versicherungsvertrag mitnimmt und ihn nicht einfach auflösen kann.
Zu den Handlungsmöglichkeiten des Sondereigentümers stellt das Gericht fest, dass der Sondereigentümer gegen die Gemeinschaft der WEG klagen muss, um eine Durchsetzung der Ansprüche gegen die Gebäudeversicherung zu erzwingen. Auch im Falle einer Ablehnung durch die Gemeinschaft soll der Eigentümer nicht berechtigt sein, Ansprüche geltend zu machen.
Selbstverständlich besteht hier Zeitdruck, denn während die Gemeinschaft in Anspruch genommen wird, damit diese überhaupt gegen den Gebäudeversicherer vorgeht, läuft die Verjährung der Ansprüche gegen den Versicherer ununterbrochen weiter.
Sollte also zu lange mit der Geltendmachung zugewartet werden, können die Ansprüche gegen die Versicherer verjähren, sodass aus diesem Grund Schadensersatzansprüche des Sondereigentümers gegen die Gemeinschaft und die Hausverwaltung entstehen könnten, wenn diese zu Unrecht untätig geblieben ist.
Es ist deshalb ratsam, sich im Schadensfall zeitnah tätig zu werden und nicht den „Kopf in den Sand zu stecken“.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Serdar Koc ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Er vertritt deutschlandweit die Interessen von großen WEG-Verwaltungen.
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