In der WEG-rechtlichen Praxis hat sich bei baulichen Maßnahmen durch die Rechtsprechung der letzten Jahre eine Leitlinie entwickelt:
Bei umfangreichen Sanierungs- oder Baumaßnahmen muss die WEG ein Gesamtkonzept erstellen (lassen) und es müssen zudem regelmäßig 3 Angebote von Fachfirmen vorliegen.
Nur dann kann davon ausgegangen werden, dass den Eigentümern ausreichende Informationen über die Art, den Umfang und die Kosten der geplanten Maßnahme vorliegen, die eine Entscheidungsfindung ermöglichen.
Dies zu beachten bedeutet, dass eine Baumaßnahme einen erheblichen Verwaltungs- und Kostenaufwand erfordert. Für die Erstellung eines Gesamtkonzepts muss regelmäßig ein Architekt beauftragt werden, was zusätzliche Kosten verursacht. Bereits dessen Beauftragung muss zudem durch einen Beschluss legitimiert werden. Es erfolgt also eine Beschlussfassung vor der eigentlichen Beschlussfassung über die Maßnahme an sich. Jeder Beschluss birgt natürlich die Gefahr einer Anfechtung, sodass eine weitere Risikoquelle geschaffen wird, die sich die Eigentümer gerne sparen würden.
Wie verhält es sich jedoch bei einer einfach gelagerten Maßnahme? Das Landgericht Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 25.06.2020 (2-13 S 78/19) einen Fall entschieden, indem die Eigentümer durch einen einfachen Beschluss den Austausch von einigen Wohnungsfenstern beschlossen hatten. Die auszutauschenden Fenster waren dabei durch eine Stellungnahme eines Fachbetriebes bestimmt worden. Ein Gesamtkonzept bzgl. der Sanierung aller Fenster wurde nicht beschlossen.
Der Beschluss wurde von einem Eigentümer angefochten. Argument: Es bestünde die Gefahr, dass in der Zukunft unterschiedliche Fenster eingebaut werden würden. Gerade um die Einheitlichkeit zu gewährleisten, hätte es eines Gesamtkonzepts bedurft. Das Amtsgericht gab der Klage statt und hob den Beschluss auf. Das Landgericht gab hingegen der Berufung statt und wies die Klage - zu Recht - ab. Der Beschluss blieb also wirksam.
Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass es bei einfach gelagerten Instandsetzungsvorhaben, wie dem Austausch von Fenstern, genüge, wenn eine Stellungnahme eines Fachbetriebes vorliege. EIn Gesamtkonzept sei nicht notwendig. Der Gemeinschaft stünde ein Ermessensspielraum zu. Mit dem Argument, dass die Gefahr einer nicht einheitlichen Gestaltung bestünde, könne der Kläger jetzt noch nicht gehört werden. Sollte im Rahmen eines späteren Austauschs eine Ungleichbehandlung entstehen, könne der Kläger den zukünftigen Beschluss anfechten, nicht jedoch den aktuellen.
Fazit:
Die Entscheidung des Landgerichts ist richtig. Bei einfach gelagerten Sachverhalten erscheint die Forderung nach einem kostspieligen Gesamtkonzept überzogen. Den Eigentümern sollte ein Gestaltungsspielraum zugebilligt werden, der eine funktionierende Verwaltung ermöglicht.
Nach dem neuen WEG kann eine solche Maßnahme mit einfacher Mehrheit beschlossen werden (§ 20 Abs. 1 WEG). Die Kosten werden grds. unter den Eigentümern aufgeteilt, die der Maßnahme zugestimmt haben (§ 21 Abs. 3 WEG). Erfolgt die Beschlussfassung jedoch mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen, sind die Kosten von allen Eigentümern nach ihren MEA zu tragen (§ 21 Abs. 2 WEG).
Wichtig ist, dass 3 Angebote von Fachfirmen vorliegen.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen und WEG-Verwalterinnen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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