Es kommt in der juristischen Praxis häufig vor, dass Instandhaltungsmaßnahmen vom Verwalter beauftragt werden, ohne, dass ein legitimierender WEG-Beschluss vorliegt. Dahinter steckt meistens kein böswilliges Verhalten. Viele Verwalter bürden sich mehr auf, als sie nach der Gesetzeskonzeption und/oder dem Verwaltervertrag eigentlich machen müssten. Das Risiko besteht darin, dass hierdurch Schadensersatz- und Rückbauansprüche entstehen, da ohne Erlaubnis in fremdes Eigentum eingegriffen wird.
Nicht eindeutig ist bei dieser Konstellation gegen wen der betroffene Eigentümer seinen Schadensersatzanspruch richten muss.
Das LG München I hat mit Beschluss vom 11.12.2019 (1 S 8293/19) einen Fall entschieden, in dem der Verwalter ohne legitimierenden Beschluss der WEG den Terrassenbelag eines Eigentümers im Zuge einer Balkonsanierung tauschen ließ. Der Eigentümer erfuhr hiervon erst ein Jahr später, da die Wohnung vermietet war und ihn sein Mieter nicht informiert hatte. Der Eigentümer verklagte daraufhin die WEG auf Rückbau.
Ohne Erfolg!
Nach Auffassung des LG München I ist die WEG nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die WEG einen legitimierenden Beschluss gefasst hätte, welcher den Eigentümer zur Duldung verpflichtet hätte. Hätte dieser Beschluss gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, bspw. indem kein Sanierungsbedarf bestand und hätte das Gericht diesen Beschluss aufgehoben, so wäre die WEG zum Rückbau verpflichtet gewesen.
Da jedoch ein eigenmächtiges Verwalterhandeln vorlag und der betroffene Eigentümer deshalb nicht zur Duldung verpflichtet war, hätte der Eigentümer die Arbeiten im Wege einer einstweiligen Verfügung kurzfristig verhindern können. In einem solchen Fall ist - nach Auffassung des LG München I - nur der Verwalter zum Schadensersatz verpflichtet.
Fazit:
Im Falle solcher nicht legitimierter Baumaßnahmen muss der betroffene Eigentümer also selbst einschreiten. Denn ansonsten muss er sich gegebenenfalls in dem Prozess gegen den Verwalter den Vorwurf eines Mitverschuldens gefallen lassen, was zur Anspruchskürzung - evtl. sogar zum Anspruchsverlust - führen kann.
Ob diese Problematik nach Einführung des neuen WEG noch gilt, ist fraglich. Nach dem neuen Recht gilt eine Konzentration aller Ansprüche gegen den Verband. Der Verwalter soll grundsätzlich gegenüber Dritten nicht mehr haften. Hier ist die Rechtsprechung abzuwarten.
Zum Autor:
Rechtsanwalt Jörg Bach ist Gesellschafter und Partner der Kanzlei EISENBEIS PARTNER.
Er ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und vertritt deutschlandweit namhafte Bauunternehmen und WEG-Verwaltungen bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
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